Wie umgehen mit Rassismus, Sexismus und Antisemitismus in klassischen Werken der Philosophie?
Vorstellung
Um eine ähnliche Frage, allerdings mit einem breiteren Ansatz, ging es in diesem Projekt, das unserem vorausging.
Im Rahmen eines Oberseminars zu dem Thema »Wie umgehen mit Rassismus, Sexismus und Antisemitismus in klassischen Werken der Philosophie?« im Sommersemester 2020 erarbeiteten Studierende und Mitarbeiter*innen des Lehrstuhls für Praktische Philosophie gemeinsam einen Dialogaufschlag.
Ausgangspunkt dieses Projektes war, dass in vielen klassischen Werken der Philosophie Stellen, Passagen oder Abhandlungen zu finden sind, die – mindestens nach heutigen Maßstäben – als rassistisch, sexistisch oder antisemitisch (rsa) beurteilt werden müssen. Angesichts der Aktualität von RSA wurde die Möglichkeit eines reflektierten und kritischen Umgangs mit solchen rsa Textstellen und Positionen erörtert. Sofern die Philosophie ihre Kernaufgabe im kritischen Hinterfragen unaufgeklärter Voraussetzungen von Aussagen, Argumenten, Urteilen und Theorien erkennt, sah das Projekt darin auch eine genuin philosophische Aufgabe. Diese sollte dabei die differenzierte Auseinandersetzung mit den entsprechenden Textstellen einschließen, sich dabei aber weder mit genereller Verwerfung begnügen noch in entschuldigende Historisierung führen, sondern auch zur kritischen Selbstbefragung des eigenen Denkens und der eigenen Begrifflichkeit anregen. Denn: rsa Wissen, Denkmuster und Vorurteile machen auch vor Philosophierenden und ihrer Theoriebildung nicht halt.
Aus dem Projekt entstand eine Webseite, welche eine Grundlage für die Auseinandersetzung mit RSA in der Philosophie bieten wollte, aber auch philosophische Mittel zum Umgang mit RSA bereitstellen sollte. Statt belehrend-moralisierend zu mahnen, sollte ein informatives Angebot und eine Einladung zum Weiterdenken und zum Dialog gemacht werden. Es sollte seine Nutzer*innen in der Auseinandersetzung mit Situationen unterstützen, in denen sie sich mit einem (auch diffusen) Unbehagen in der Lektüre oder Diskussion philosophischer Theorien und Praxen konfrontiert sehen.
Auf der Webseite wurden verschiedene Materialien zur Verfügung gestellt. In unserem Projekt setzen wir die Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Umgang mit RSA in Werken der Philosophie zwar fort, trotzdem haben die erarbeiteten Materialien und Beiträge ihren Wert für die Diskussion nicht verloren. Deshalb dokumentieren wir hier diese Arbeitsresultate.
Dialogaufschlag
Die Handreichung ist als Aufschlag zum Dialog konzipiert und versammelt Fragen, Anregungen und Beispiele, die für die philosophische Auseinandersetzung mit RSA nützlich sein können.
Literaturliste
Weiterführende Literatur zu RSA, zu RSA in philosophischen Werken, sowie zu pädagogischen und didaktischen Aspekten finden sich in einer Literaturliste zusammengetragen.
Good-Practice-Guides
Um es zu erleichtern, in der Lehre einen angemessenen Umgang mit RSA zu finden, wurden Good-Practice-Guides zusammengetragen.
Werkstattbericht
Anlässlich eines Streits um ein Denkmal von Jakob Friedrich Fries beschäftigten sich Studierende in einem Forschungsseminar mit ihm. Sie erprobten einen Umgang mit Antijudaismus und Antisemitismus in Werken der Philosophie. Peggy H. Breitenstein hat mit Beteiligten einen Werkstattbericht verfasst.
Workshops
Es wurde ein Workshopkonzept unter dem Titel »Wie umgehen mit Rassismus, Sexismus und Antisemitismus in klassischen Werken der Philosophie? Am Beispiel von Kant« erarbeitet. Arbeitsgrundlage des Workshops bietet eine Installation mit ausgewählten Kant-Textstellen. Der Workshop wurde u. a. gehalten:
- im Rahmen der SWIP-Jahrestagung »Solidarität« in Jena, November 2018
- auf der Bundesfachschaftentagung in Jena, Mai 2019
- im Rahmen des Proseminars „Wie rassistisch ist die politische Theorie?“ (Leitung: Matthias Heil) am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg, November 2020
- an der Universität Hildesheim, Januar 2021
- bei der herr*krit in Kassel, Juli 2021
- im Rahmen des Projekts »Debattenkulturen: Rhetorik – Performanz – Medialität« der Leuphana Universität Lüneburg, November 2021
Das Konzept des Präsenzworkshops wurde ausgearbeitet von: Hannah Chodura, Danilo Gajić, Lisa Gleis, Hannah Peaceman (Unterstützung: Prof. Dr. Andrea Marlen Esser).
Das Konzept des digitalen Workshops wurde ausgearbeitet von: Hannah Chodura, Danilo Gajić, Lisa Gleis.
Die Konzepte gehen teilweise zurück auf Überlegungen einer Arbeitsgruppe des Oberseminars „Wie umgehen mit Rassismus, Sexismus, Antisemitismus in klassischen Texten der Philosophie?“ (Leitung: Prof. Dr. Andrea Marlen Esser). Teilnehmer*innen der Arbeitsgruppe: Dr. Peggy Hetmank-Breitenstein, Danilo Gajić, Hannah Peaceman, Karolin-Sophie Stüber.
Unser Dank geht an Dr. Daniel Kersting für kritische Anmerkungen und Unterstützung.
Für Fragen stehen Ihnen Hannah Chodura und Lisa Gleis zur Verfügung (Mail).